Mit 22 Jahren Verspätung, ist die PorNO Kampagne auch in den Niederlanden angekommen. Ich habe das Buch noch nicht lesen können, überlege mir nämlich, ob ich es mir überhaupt kaufen soll.

Aber ich habe ein Dutzend Rezensionen gelesen, sowie heute Abend die Buchbesprechung im Deutschlandfunk gehört, die wesentlich objektiver war als die Lobpreisungen in den niederländischen Staatsmedien.

Myrthe Hilkens ist genau mein Jahrgang (1979), eine konservative Feministin, die allerdings nicht zur christlichen Rechten gehört, was hier (noch ?) sehr selten ist.

Die meisten Thesen scheint sie bei Alice Schwarzer abgeschrieben zu haben, etwas differenzierter ist es dann aber doch, allerdings erscheint mir einiges widersprüchlich. Einiges was sie kritisiert sehe ich aber auch genauso.

Fange ich mal damit an :
+ Sorglosigkeit gegenüber Geschlechtskrankheiten hat in den letzten Jahren zugenommen
+ es war ein Fehler, die Medienkunde 02 aus den Lehrplänen zu streichen
+ es ist ein Alarmsignal, wenn Meisjes, die in der Disco ihr ganzes Geld auf den Kopf gehauen haben, den Taxifahren einen blasen, damit der sie als Gegenleistung nach Hause fährt
+ die freie Verfügbarkeit von Pornographie übers Internet, kann für Kinder gefährlich sein, da sie mit den Bildern nicht umgehen können
+ Alkoholkonsum bei Jugendlichen steigt seit einigen Jahren bedenklich
+ Sexualkundeunterricht ist auf ein Minimum zurückgefahren worden

In allen anderen Punkten stimme ich ihr aber nicht zu:
- sie kritisiert die Sexualisierung der Pop Musik und fordert eine Ausstrahlung von Musikclips erst nach Mitternacht
- sie fordert ein Verbot der "Call Girl" Zeitungsanzeigen
- ein Verbot von ( simulierter ) Gewaltpornographie

- jetzt wirds interessant:
- sie kritisiert z.B. im niederl. Handelsblatt, das stark gesunkene Nivau der heimischen Pornographie. An vielen anderen Stellen spricht sie der Pornographie dann jegliche Qualität ab.

Wenn das Niveau aber stark gesunken ist, dann muß dies ja irgendwann mal höher gewesen sein.
Außerdem macht sie damit den Bock zum Gärtner ! Wenn sie kritisiert, daß sie in Pornos nur noch entfremdeten Sex sieht, was ich so pauschal nicht sehe, dann hängt dies doch einerseits mit den EU §, andererseits mit der Invasion der US Pornos zusammen. Beides hängt ja direkt miteinander zusammen.

Man kann nicht auf der einen Seite sagen, Pornographie bildet die tatsächliche (jugendliche) Sexualität nicht mehr ab, andererseits eben immer höhere Altersgrenzen einfordern. Die Folgen, die Myrthe Hilkens hier kritisiert, haben ja ihre Brüder im Geiste zu verantworten, nicht in erster Linie die Pornofilmbranche.

Auf die vielen Kritikpunkte a la PorNO will und kann ich hier nicht eingehen.

Nur auf einen einzigen Punkt:
Sie kritisiert auch, daß in Pornos ein schwaches Frauenbild gezeigt wird, Frauen die kein Selbstbewußtsein haben und jederzeit gefügig sind. Da scheint sie vielleicht nur drittklassige Deutschpornos aus den 80er Jahren gesehen zu haben.

Audrey Hollander, Hannah West, Renee Pornero, Katsumi, Asia, usw. sind kaum schwache Frauen, oder ?!

Ganz im Gegenteil, sehr starke Frauen, die für die jungen Frauen mit Sicherheit ein besseres Rollenmodel sind, als Kritikerinnen, die alles mögliche in einen Topf rühren und Ursache und Wirkung verwechseln. Nicht alle ihrer Forderungen und Denkanstöße sind falsch, aber sie zieht oft Schlußfolgerungen daraus, vermengt Dinge, die überhaupt nichts miteinander zu tun haben müssen. z.B. ein sehr aktives Sexualleben, welches sie als "Hypersexualität" abwertet, wäre fast immer mit hohem Alkoholkonsum und Drogen verbunden.

In den 90ern habe ich auch so einiges sexuell erlebt, aber nie Drogen genommen, nur an Sylvester Alkohol getrunken, viele meiner Freundinnen waren strikt abstinent und hatten nur eine einzige Droge: Sex.

Die Männer haben vielleicht hin und wieder mal was legales geraucht, aber der Alkohol und Drogenkonsum bei den sexuell aktiven Meisjes war mit Sicherheit weit unterdurchschnittlich, verglichen mit den nicht aktiven.

Denn diese Drogen sind ja oft Ersatzdrogen, weil man/frau etwas anderes nicht bekommt, z.B. Sex, Liebe, Zuneigung usw.

OK, wir haben es auch sehr wild getrieben.
Meinetwegen kann man dies moralisch verurteilen, berechtigt erscheint mir dies aber erst dann, wenn es verantwortungslos praktiziert wird ( siehe + ).

Daß sich dies möglicherweise nach 2002 geändert hat, hat auch eher gesellschaftliche und juristische Gründe.

So sagte mir eine 15-jährige mal, " Ich darf eigentlich noch keinen Sex haben, bin ja noch nicht 16. Deshalb trinke ich soviel, bis ich es vergesse."

Die Hauptgründe für den steigenden Alkoholkonsum liegen aber sicher woanders. Und Pornospamemails nerven mich genauso wie Frau Hilkens, die "Please send me your money" Emails der Nigeria Connection sind aber nicht weniger lästig.

Wenn sie das Zusammenstreichen des Sexualkundeunterrichts kritisiert, dann stimme ich ihr da zu 100%, nur sind dafür ja die Sozialdemokraten, die Konservativen und die christliche Rechte verantwortlich, die sich ja blendend mit den konservativen Feministinnen verstehen - und umgekehrt.

Ich vermute allerdings auch, daß der Sexualkundeunterricht, wie ihn sich Myrthe Hilkens vorstellt, ganz anders aussieht, als der. den ich mir vorstelle.

Momentan ringe ich noch mit mir, ob ich mir das Buch überhaupt kaufen soll, da ich ja damit diesen Zensurfeminismus unterstütze.

"samenleving" ist kein unanständiges Wort, sondern heißt "Gesellschaft".
"Die Pornographisierung (von) unserer Gesellschaft".

Tatsächlich hat seit 2002 der gesellschaftliche Kampf gegen die Pornographie angefangen. Und der ist für viele der Mißstände mitverantwortlich, die Myrthe Hilkens beklagt.

Das Land ist aber in heller Aufregung, weil es so ein Buch hier bisher noch nicht gab. Ausgenommen die ewige " Ich bin Christ/Calvinist/Katholik usw. Gott hat zu mir gesprochen und gesagt, daß die Pornographie Teufelszeugs ist usw." Litanei, aber diese Bücher sind kaum beachtet worden.

Mich wundert es eigentlich, daß erst 7 Jahre nach der sexualpolitischen Wende so ein Buch kommt. Etwas hat die Rezensentin im DLF allerdings in den falschen Hals bekommen, sie sprach davon, daß das niederländische Pendant zur EMMA, in seiner letzten Ausgabe gefordert hat, daß wir ( die NL) eine neue sexuelle Revolution brauchen, damit ihre Thesen stützen würde.

Tatsächlich gibt es (noch) keine niederländische EMMA, bzw. eine feministische Zeitschrift, die strikt gegen Pornographie wäre, ausgenommen die von der rechtschristlichen Frauenunion.

Die Zeitschrift die wahrscheinlich gemeint war, die fordert deshalb eine neue sexuelle Revolution, weil sie gegen den konservativen Rollback ist, lehnt also die Thesen des Buches strikt ab.

Etwas erschreckend finde ich im NL Handelsblatt Forum, daß bestimmt 80% derjenigen, die die Thesen des Anti-Porno Buches begrüßen, Männer sind.
Die wenigen kritischen Stimmen kommen meist von Frauen.

Was dieses Thema angeht, sind die Männer ohnehin für mich die größte Enttäuschung, aber das wäre ein eigenes Thema..................

Dann hast Du wahrscheinlich diesen Satz von mir bewußt überlesen:

"Aber ich habe ein Dutzend Rezensionen gelesen, sowie heute Abend die Buchbesprechung im Deutschlandfunk gehört,...."

Die Rezensionen waren sehr ausführlich und hatten jede Menge Originalzitate und Auszüge.

Was den 28. Aufguss angeht, wenn die Pornogegner immer und immer wieder dieselben Argumente bringen, dann muß ich die bei einer solchen Rezension ja wiederholen und erlaube mir, dann auch immer wieder dieselben Gegenargumente zu bringen, bis sie entkräftet werden. Letzteres gelingt der Gegenseite ja nicht, sondern sie agiert hilflos mit Mikrofon abschalten, Strafanzeigen und Krawall.

Wenn Dir meine Artikel nicht gefallen, dann schreib doch bessere !

Männer konsumieren jede Menge Pornos, sind aber i.d.R. nicht bereit, sich dafür auch nur minimal politisch einzusetzen. Darüber kann ich ebenfalls nur den Kopf schütteln, Herr Ryan.

Original von Michael Ryan
Dann bring deine Gegenargumente dort, wie sie von Pornogegnern erhört werden. Hier drin musst du nicht gegen Pornogegner ankämpfen.

Hier lesen auch Pornogegner mit. Außerdem sollte dieses Buch nicht nur für Pornogegner, sondern ja gerade für Pornofans interessant sein. Und da hier die wenigsten niederländische Sprachkenntnisse haben, es noch keine deutsche oder engl. Übersetzung gibt, kann ja eine Rezension darüber nicht schaden.

Original von Michael Ryan
"Letzteres gelingt der Gegenseite ja nicht, sondern sie agiert hilflos mit Mikrofon abschalten, Strafanzeigen und Krawall."
Wow, und das hier in diesem Forum? Ich muss was verpasst haben!

Habe ich nie behauptet, aber ich habe noch ein Leben außerhalb des Forums. Nicht alles was ich hier schreibe muß ständig im Bezug zum Forum stehen. Ich bin ja kein halber Mensch.

Original von Michael Ryan
"Männer konsumieren jede Menge Pornos, sind aber i.d.R. nicht bereit, sich dafür auch nur minimal politisch einzusetzen. Darüber kann ich ebenfalls nur den Kopf schütteln, Herr Ryan."

Setzt du dich denn auch für Blattsalat ein, weil du ihn konsumierst? Bloss weil man etwas komsumiert muss man sich noch lange nicht dafür einsetzen, der Satz ist totaler Quatsch.

Nicht mein Satz ist totaler Quatsch, sondern Deine Antwort ist es !
Du bist ja sogar Profi. Du konsumierst nicht nur ( wie ich ), sondern produzierst, bzw. vertreibst Pornographie. Hast Du schon mal von Salatbauern gehört, daß sie sich NICHT für ihre Produkte einsetzen ? Daß sie NICHT eine gute Interessenvertretung haben ? Daß sie KEINE Lobby im Parlament und in Brüssel haben ? Ich nicht. Nur in der europäischen Pornoindustrie ist dies möglich, in den USA ist es noch etwas anders, allerdings haben die in der Bush Ära auch gegen noch größere Widerstände gekämpft.

Bis auf vielleicht noch die Radikal-Liberalen in DK, gibt es europaweit keine Partei mehr, die sich für Pornographie einsetzt.

Mittlerweile bereuen hier in den NL viele, daß sie sich nicht (mehr) mit Politik beschäftigt haben.

Original von Michael Ryan
Hier drin musst du nicht gegen Pornogegner ankämpfen.

Ich sehe auch viele in der Pornobranche als meine Gegner, denn sie haben ja den Schlamassel mitverursacht, in dem wir uns jetzt befinden.

Wenn Dich dieser Thread nicht interessiert, brauchst Du ihn auch nicht weiter zu kommentieren, sondern kannst z.B. mal etwas über die schwachsinnigen Videorama Backcovertexte schreiben.

99 hatte ich mal einen kurzen Disput darüber mit einem Videorama Vertreter in D, der meinte, "bei uns gehts nur ums Geschäft, Politik interessiert weder uns noch unsere Kunden".

Mit dem Verlust der VAH Lizenzen und der ähm Altersumstellung zur Jahrtausendwende, ist dann die Bilanz aber ganz gewaltig in den Keller gerauscht, was ja eine direkte Folge der Politik war.

Mit vorauseinlendem Gehorsam und Opportunismus kommt man aber nicht weiter. Viele haben heute wohl schon vergessen, daß Pornographie ja früher völlig illegal war - und natürlich auch wieder illegal werden kann.

Original von Michael Ryan
Hier lesen auch Pornogegner mit? Du bist wirklich toll, wie du alles mit so einer kalten Bestimmtheit wissen tust.

Ich kenne persönlich schon drei aus D, die hier mitlesen. Eine hat sich sogar registriert, traut sich aber wohl jetzt doch nicht etwas zu schreiben.

Original von Michael Ryan
Und bei Gelegenheit wäre ich froh, wenn jemand anders der Caroline erklären würde, dass Pornografie primär mit Sex zu tun hat - und nicht mit Politik.

Wir haben sogar einen ganzen Blog über "Pornopolitik":
schutzalter.twoday.net/stories/5007430/#5417988

Hätten meine Vorgänger Deine Einstellung gehabt, wäre Pornographie in den NL 1970 schon wieder verboten worden.

Wer mehr über diese Phase nachlesen will, solls dann halt in unserem Blog tun. Mir fehlt eh die Zeit, hier ausführlich darauf einzugehen.

Als nächstes werde ich hier - um mal über etwas wirklich Abwechslungsreiches und Innovatives zu schreiben - einen GGG Film rezensieren.

3 die ich kenne, Michael. Die werden nicht die einzigen sein. Die 3 sind aber nicht so fundamentalistisch, aber auch die EMMAs, christliche Gruppen usw. lesen ständig mit.

Die beobachten ständig Pornoforen, damit sie bei angeblichen Verstößen Strafanzeigen stellen können. Scheint eines ihrer liebsten Hobbys zu sein.

Na, nur um "Ficken gucken" gings und gehts uns bestimmt nicht. Aber Du kannst dies ja im verlinkten Blog nachlesen. Da der sehr textlastig ist, am besten die Suchfunktion nutzen. z.B. nach "Video Art Holland", "Seventeen", usw. suchen.

Geschichte wiederholt sich nicht, sagt man ja immer, aber ich halte es nicht mehr für ausgeschlossen, daß wir irgendwann wieder da stehen, wo wir schon mal 1971 waren:

wissen.spiegel.de/wissen/dokum…l?id=44303107&top=SPIEGEL

pfan: Du scheinst den Schutzalterblog etwas mißzuverstehen. Der ist in erster Linie eingerichtet worden, um gegen die verlogene Reform des §184ers zu Felde zu ziehen, um die ganzen Täuschungen, Verdrehungen, Halbwahrheiten und Lügen der handverlesenen "Wissenschaftler" aufzudecken, aber auch den Gesetzgebungsprozess Schritt für Schritt nachzuvollziehen. Da leider die EU zu jedem Thema Tausende von Seiten Papier produziert, hat letzteres zu einer Explosion juristischer Beiträge geführt, die den Blog ziemlich unübersichtlich gemacht haben. Daß der allerdings mal solche Ausmaße annehmen würde, war anfangs nicht beabsichtigt.

Du schreibst:
"Wenn da z.B. eine Angela (als Gegnerin) zitiert wird, die schreibt, dass ihr Beziehungen zwischen älteren (über 18 ) und jüngeren (unter 18, möglichst noch deutlich unter 18 ) suspekt sind, da finde ich, dass "suspekt" eine gute Wortwahl ist, so dass ich da mit der Angela konform gehen würde."

Ist Deine Meinung, meine und Donalds Meinung ist eine andere. Für mich ist es nicht suspekt, sondern völlig normal. Vor der Reform hatten alle Jugendlichen ( ab 12 ) in den NL das Recht, (sexuelle) Beziehungen mit Erwachsenen einzugehen. 12 fand ich für Jungs sogar 2 Jahre zu niedrig, für Mädchen fand ich die Schutzaltersgrenze ok, denn die sind im Mittel 2 Jahre weiter als gleichaltrige Jungs. Und die Bezeichnung Schutzaltersgrenze ist zwar juristisch korrekt, allerdings schon etwas irreführend, denn natürlich wurden ja auch die über 12-jährigen im NL Sexualstrafrecht geschützt, wenn es um Gewalt, Missbrauch usw. ging.

pfan: "Und ich würde sagen: Stellt doch mal ne vernünftige Website auf die Beine, wo man dann, gut aufbereitet, die Thesen nachvollziehen kann."

Die Seite ist ja vernünftig, wenn Du oben links auf die § Texte klickst, dann kannst Du weiter unten Donalds ausführliche Begründung lesen.

Ich kann aber gerne noch mal meine Forderungen auf unserer Seite zusammenfassen, die sich von Donalds auch graduell unterscheiden.

Während er möglichst wenige Sonder § zum Schutz der Kinder will, sondern diese Straftatbestände im ganz normalem Strafrecht einbauen will, will ich ein differenziertes und austariertes Sexualstrafrecht. Im Endeffekt ist das Ergebnis aber sehr ähnlich.