08 February 2005 - Fake it und you'll make it!

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  • 08 February 2005 - Fake it und you'll make it!

    Sehr verwunderlich, wie eine Frisur einen ganz neuen Menschen aus einem machen kann; zumindest hat es den Anschein. Ich trage plötzlich bunte Klamotten und feminine Stiefel, schlimmer noch, ich bin nun eine Victoria-Secret-Vergötterin. Ich bin engagierter, stehe früher auf und nehme alle Anrufe entgegen. Ich gehe mit Regisseuren aus und bin so naiv, zu glauben, sie wollen nur einen netten Abend verbringen. Okay, das war ein ganz schlechtes Beispiel. Ein noch schlechteres wäre meine Gier nach Süßem. Die Schwarzen würden ihre Freude daran haben (look at that fuckin' phat ass!), ich müsste mich allerdings erneut einer Kur unterziehen. Nope, kommt nicht in Frage! Ein paar Laster konnte ich mir aber zusätzlich auch noch beibehalten. Meine Stimmungsschwankungen zum Beispiel, oder meine Raucherei, Starbucks und die Sucht, Dinge zu kaufen, die den Preis nicht wert sind, weil ich sie in Kürze ruiniere...

    Wenn die ganze Kohle endlich mal den Weg nach Hause finden würde, wäre das schon mal eine Veränderung, die ich schätzen würde. Irgendwie kostet hier in L.A. alles doppelt so viel; zumindest geht das Geld doppelt so schnell weg, oder so ähnlich! Eigentlich wäre sparen mehr als angesagt, denn die ersten Szenen für meinen ersten eigenen Film stehen auf dem Plan. Alles ist bestens organisiert, von den Darstellerinnen über die Locations und das Equipment, bis hin zum Cover. Ich bin schon fürchterlich aufgeregt, echt! Endlich ist es soweit und ich mach mir fast in die Hosen vor Freude!
    Aber erst müssen ein paar andere Szenen abgedreht werden, nämlich jene, in der ICH vor der Kamera herumtanze. Die letzten Tage liefen prima ab und auch die nächste Woche ist schon völlig verplant. Während ich ein paar Companies abklapperte, wurde ich vom Fleck weg gebucht, da das andere Girl cancelte. 'Flaking' nennt man das hier und es ist mehr als nur gewöhnlich. Allein durch das Ersetzen anderer Darstellerinnen könnte ich hier Mörderkohle verdienen. Die Szene dauerte exakt 25 Minuten und noch dazu konnten wir es in einem Satz durchdrehen, womit ich mit nur einer Stunde am Set wohl meinen Rekord brach.
    Auch meine Szene für NJ Films „Cocks + Socks“ war schnell im Kasten. Erst kurz vor Drehbeginn wurde mir klar, dass ich mit Lisa Marie schon für „Hi-Teen Club“ vor der Kamera stand. Das war vor 2 Jahren, mittlerweile sind wir als Darstellerinnen gereift und geben Vollgas. Trotzdem trafen wir uns wieder in einer „young girl“-Szenerie.

    Auch wenn das Business ganz gut läuft, bringen mich manche Vorkommnisse zur Weißglut. Zum Beispiel Director, die einen einfach nicht buchen wollen, aber einen in den Himmel loben, dass es nicht ärger geht. Andere Director widerum versuchen den Preis zu drücken oder mehr aus der Szene rauszuholen. Agenten versuchen, einen hinters Licht zu führen, was Gagenverhandlungen angeht oder bringen einen nie zu Feature-Companies, weil sie fürchten, man könnte unter Vertrag genommen werden und Herr Agent kann keine Kohle mehr mit dem Girl abstauben. Sogar die Labors spielen zur Zeit verrückt. Wie soll man da noch Coolness bewahren, frage ich mich! Well, that’s ShowBusiness, I guess!

    Um etwas Abstand von all dem Pornzeugs zu bekommen, habe ich letztens wieder etwas mit Freunden unternommen. Zuerst ein paar Krispy Kreme Doughnuts reingestopft, dann alle ins Auto verfrachtet und zum Strand entführt. In einer mehr als kurvigen Berg-und-Tal-Fahrt ging es ab nach Venice Beach, wo uns eine ziemlich kalte Brise erwartete. Nach einem Spaziergang entschlossen wir uns für eine Runde Wiener Schnitzel im Schatzi’s. Auf der Heimfahrt war uns dann allen so übel (zu viel Futter!), dass wir die restliche Tagesplanung sausen lassen mussten.
    Auch mein erster Besuch im Bar Sinister war nicht sonderlich berauschend, da ich von Whiskey schon dermaßen die Schnauze voll hatte, dass ich an dem Abend nichts außer Wasser konsumierte. Und so ohne Vollrausch ist das sinistre Flair wohl nicht zu genießen, sage ich mal.

    Wesentlich mehr Spaß hatte ich von dem Zeitpunkt an, als ich bei Carmen, meiner neuen Hausherrin, einzog. Madame ist nämlich überaus gesellig und lädt regelmäßig mehrere Gäste ein, die allesamt afro-amerikanischer Herkunft sind und dementsprechend fleißig Pot rauchen und feiern. Es wurde gekocht, Video geguckt, geplaudert und gelacht. Nonstop! Als würde es nicht reichen, dass ich ständig von Pornoleuten umgeben bin, verschlägt es mich auch noch zu Parties, zu denen nur „Industry People only“ geladen sind. Begeistert hat mich bisher keine von denen. Die Mädels führen sich dämlichst auf, die Jungs umso mehr. Ein einziger Kindergarten, bei dem nur gegrapscht wird und jeder lustiger zu sein scheint als der andere.

    Manchmal habe ich einfach das Gefühl, ich bin im falschen Film. So sehr ich meinen Beruf liebe, so fürchterlich „fake“ finde ich auch alles, was mich umgibt. Hin und wieder fürchte ich sogar, selbst „fake“ zu sein. Aber allein meine ständige Meckerei verrät mir, dass ich fast zu normal für den Beruf hier bin.

    Ob ich das Howard Stern auch verraten werde, wenn ich im März zu ihm nach New York fliege? Oder lasse ich neben Taylor Rain und Aurora Snow „the nasty whore“ raus? Oder werde ich nächste Woche bei Playboy Radio die Katze aus dem Sack lassen? Oder erst dann in Wien, wo ich zu einer Diskussionsrunde mit Psychologen und Vertretern der Justiz geladen bin. Who knows, auf jeden Fall werde ich Renee Pornero sein, so wie man sie kennt. Whatever that’s supposed to mean...

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    yours
    Renee